Raphaela Dell

Mit einer Kombination aus Psychologie, Organisationslehre und Methoden aus der Welt der Kultur und der Philosophie, befähigt sie Menschen ihr Potential voll zu nutzen.

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Der Kaiser hat keine Kleider an

Der Kaiser hat keine Kleider an.

Warum ich LinkedIn kaum noch ertrage – und was das mit dem Tod zu tun hat.

Ich war sechs Wochen weg. Nicht im Urlaub. Nicht im Sabbatical. Sondern mit dem Tod beschäftigt.
Ein Mensch aus meinem engsten Kreis ist gestorben. Und wer das kennt – wirklich kennt, der weiß, dass dann erstmal alles andere stillsteht.

Und wenn es dann wieder anläuft, merkt man plötzlich, was man vorher alles für wichtig gehalten hat.

Man öffnet LinkedIn – und macht es sofort wieder zu.
Weil einem klar wird: Das meiste davon ist Lärm.

Und schlimmer noch: Es ist nicht mal ehrlicher Lärm. Sondern inszenierter. Polierter. Verpackter. Ein Dauerfeuer an Eigenmarketing und Eitelkeit, das so tut, als wäre es „Inspiration“. Als wären all die Ich-bin-so-authentisch-Posts nicht genau das Gegenteil davon.

Natürlich ist das nicht neu. Aber mit etwas Abstand sieht man es deutlicher. Schmerz schärft den Blick.
Ich dachte immer, LinkedIn sei ein Ort für Austausch, für Reflexion, für Vernetzung auf Augenhöhe. Ein Ort, an dem man Dinge sagt, die zählen.
Aber ehrlich: Wer redet hier wirklich noch miteinander?

Die Plattform hat sich verändert. Oder ich. Oder beides.

Wir sind die Herde. Und wir zahlen auch noch dafür.

Es ist eine Unverschämtheit.
Wirklich.
Wir zahlen Geld – echtes Geld – um einer Plattform zu dienen, die nur eines will: Wachstum.
Unser Wachstum? Nein.
Ihr eigenes.

Und wir, die Creator, wir liefern. Kostenlos. Täglich. Pünktlich. Fleißig.
Wir rennen den „besten Zeiten zum Posten“ hinterher, optimieren unsere Hooklines, studieren Reichweitenmetriken wie früher die Bundesliga-Tabelle. Und wir nennen das dann Personal Branding.

Aber ehrlich gesagt: Wir machen die Arbeit für LinkedIn. Wir sind das Produkt. Und wir zahlen auch noch dafür.
Was für ein perfides Modell.

Ich habe es ja selbst mitgespielt. Mit Freude sogar. Ich hatte eine kleine, feine Leserschaft. Ich habe geschrieben über das, was mir wirklich wichtig ist: Zivilcourage, Haltung, Wandel, Trauer. Und ich dachte: Vielleicht kann man hier wirklich etwas bewegen.

Aber wenn man einmal durch das Nadelöhr des Todes gegangen ist, dann fragt man sich:
Will ich meine Lebenszeit damit verbringen, gegen einen Algorithmus zu schreiben?

Der Tod lehrt uns das Wesentliche.

Wenn du einen geliebten Menschen verlierst, passiert etwas mit dir.
Du wirst durchlässiger. Und zugleich entschiedener.
Du verstehst plötzlich, was „endliche Zeit“ wirklich bedeutet.
Und wie viel von dem, womit wir sie füllen, eigentlich leer ist.

Wir jagen Sichtbarkeit, statt Verbundenheit.
Wir zählen Likes, statt Momente.
Wir optimieren Profile, statt uns zu fragen, wer wir wirklich sind.

Und vielleicht muss man gar nicht in Trauer sein, um das zu sehen. Vielleicht reicht schon ein wenig Stille.
Ein paar Wochen ohne Scrollen. Ein paar echte Gespräche. Ein Morgen im Wald. Ein Nachmittag am Bett eines Sterbenden.

Da wird einem klar, was wirklich zählt.
Und das ist nie: Reichweite.

Ich gehe nicht. Aber ich mache langsamer.

Ich werde nicht verschwinden. Ich bin ja nicht beleidigt.
Aber ich bin ernüchtert.
Und ich bin wacher als zuvor.

Ich werde weiterhin schreiben. Ab und zu. Wenn ich etwas zu sagen habe.
Ich werde lesen, was andere schreiben – wenn es Substanz hat. Wenn es eine Seele hat.
Aber ich mache mich nicht mehr klein für ein System, das größer tut, als es ist.

Denn ich habe genug nackte Kaiser gesehen.

Ich will leben. Gut. Endlich. Richtig.
Nicht „optimal ausgespielt“, sondern lebendig.
Nicht täglich sichtbar, sondern manchmal berührend.
Nicht algorithmuskonform, sondern menschlich.

Und ich frage dich:
Was willst du?

Wenn du magst, lies auch meine älteren Texte zu diesem Thema:
🔗 „Kaisers neue Kleider“ – über die große Täuschung der Creator Economy
🔗 „Meine Seele hat es eilig“ – über Zeit, die wirklich zählt

Und wenn du magst, schreib mir. Vielleicht fangen wir ja wieder an, uns wirklich auszutauschen. Ohne Show. Ohne Taktik. Einfach so.

Wie Menschen eben.

Kairos8

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