Raphaela Dell
Mit einer Kombination aus Psychologie, Organisationslehre und Methoden aus der Welt der Kultur und der Philosophie, befähigt sie Menschen ihr Potential voll zu nutzen.
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Die Kraft der letzten Worte. Die Kraft der letzten Geste.
Mama, wenn du Papa noch einmal sehen willst, dann musst du jetzt kommen. JETZT.
Das war der Satz, der alles veränderte.
Er kam per Telefon. Von meiner Tochter. Und es war kein Vielleicht. Kein „Wenn du willst“.
Es war JETZT.
Ein Ruf ohne Spielraum.
Mein erster Ehemann – mit dem ich 41 Jahre meines Lebens verbunden war – lag im Sterben. Nach einem schweren Schlaganfall. In Köln.
Und wir hatten uns acht Jahre lang nicht gesehen.
Es war nötig gewesen.
Und trotzdem war da etwas offen.
Unausgesprochen.
Unversöhnt.
Unvollständig.
Kairos. Der Moment, in dem das Leben dich ruft.
Es war ein Kairos-Moment.
Kein geplanter Schritt. Keine durchdachte Entscheidung.
Sondern einer dieser Augenblicke, in denen das Leben dich ruft, klar und unmissverständlich –
und du nur zwei Möglichkeiten hast:
Hingehen. Oder weglaufen.
Ich bin hingegangen.
Gemeinsam mit meiner Tochter Hannah.
Und wir saßen fünf Tage an seinem Bett.
Wir haben seine Hand gehalten. Ihm Geschichten erzählt. Vergangenes leiser gemacht. Nicht alles glattgebügelt. Aber vieles befreit.
Er konnte nicht mehr sprechen.
Aber er war da.
Und er hat gehört, was gesagt wurde. Und was einfach durch die Stille schwebte.
Es war ein Frieden, der sich nicht erklären lässt.
Nur fühlen.
Und annehmen.
Unfinished Business – und was es mit dir macht
Ich erzähle das nicht aus Sentimentalität.
Sondern, weil ich weiß, wie viel Kraft uns unerlöste Beziehungen rauben.
Wie viel Lebensenergie in Verletzungen gebunden bleibt.
Wie viel Freiheit in einer Schuldfrage feststeckt, die niemand mehr beantworten kann.
Wenn zwei Menschen durch ein gemeinsames Kind verbunden sind, dann endet diese Verbindung nie ganz.
Und wenn sie ungelöst bleibt, ist sie wie ein Faden, der an allem zerrt.
Ich habe oft in meinen Seminaren über „Unfinished Business“ gesprochen.
Dies hier war meines.
Und dieser eine Moment – dieser letzte Besuch – war die Möglichkeit, diesen Knoten zu lösen.
Ohne dass alles gut werden musste.
Aber genug, um weiterzugehen.
Die Kraft der letzten Worte. Die Kraft der letzten Geste.
Ich wollte auch auf seiner Trauerfeier sprechen.
Nicht, weil alles verziehen war.
Nicht, weil ich irgendwas beweisen musste.
Sondern, weil ich das Gefühl hatte, da ist noch etwas zu sagen – in seinem Namen.
Er war kein einfacher Mensch.
Er stand sich oft selbst im Weg.
Hat sich gern gestritten.
Hat viele Menschen verloren, weil er zu sehr auf seine Wahrheit beharrt hat.
Aber er hatte auch eine große Kraft. Eine tiefe Liebe. Einen Humor, den man nicht vergisst.
Und eine Klugheit, die zwischen den Zeilen leuchtete.
Er hat vielen Menschen viel gegeben.
Ich wollte, dass genau das Raum bekommt.
Dass auch in seinem Tod ein Angebot liegt:
Es gut sein zu lassen.
Nicht zu vergessen – aber zu verwandeln.
In Achtung. In Würde.
In etwas, das heilt.
Und weißt du was?
Die Menschen haben es angenommen.
Ich habe selten erlebt, wie sich die Stimmung einer Trauerfeier so sehr dreht.
Von reservierter Distanz zu einem liebevollen Miteinander.
Nicht, weil alle plötzlich einverstanden waren.
Sondern, weil alle gespürt haben:
Jetzt ist der Moment.
Jetzt ist Zeit für Frieden.
Am Ende zählt nur die Liebe.
Nicht als große Geste.
Nicht als Hollywood-Ende.
Sondern als stille Entscheidung.
Als letzter Blick.
Als Satz, den man gerade noch sagen kann.
Oder nur denkt – aber meint.
Wenn du deine Wut nährst wie einen Wolf, dann wächst er.
Wenn du deinen Hass fütterst, wirst du ihn schwer los.
Oder, wie es heißt:
„Wut zu hegen ist wie Gift trinken – und hoffen, dass der andere stirbt.“
Ich habe meinen Frieden gemacht.
Nicht perfekt. Aber tief.
Und dieser Frieden hat mich freier gemacht.
Für das Leben, das jetzt kommt.
Für das, was ich noch vor mir habe.
Für die Liebe, die bleibt.
Wenn du noch einen Menschen hast, mit dem du nicht im Reinen bist –
warte nicht.
Geh hin.
Jetzt.

