Raphaela Dell

Mit einer Kombination aus Psychologie, Organisationslehre und Methoden aus der Welt der Kultur und der Philosophie, befähigt sie Menschen ihr Potential voll zu nutzen.

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Wenn Holz die Gedanken sprengt

Wenn Holz die Gedanken sprengt – Ein Abend mit Holzschnitt, Kunst und KI in der Kunsthalle Bremen

Ich dachte ja, ich hätte schon so einiges an künstlerischen Techniken gesehen. Malerei, Skulptur, digitale Kunst – das volle Programm. Aber dann kam dieser Abend in der Kunsthalle Bremen, und meine Vorstellung von Kunst, Handwerk und Technologie wurde einmal komplett durch den Wolf gedreht. Oder besser gesagt: Durch den Holzschnitt.

Wir von der Heldenschmiede hatten das große Glück, an einer exklusiven Führung durch die Ausstellung Woodcut Maelstrom teilzunehmen – mit Werken von Ernst Ludwig Kirchner, Gabriela Jolowicz, Benjamin Badock und Thomas Kilpper. Und was soll ich sagen? Es war ein Erweckungserlebnis. Ein echter Eye-Opener.

Kirchner Collage

Holzschnitt: Zwischen archaischer Handarbeit und radikaler Innovation

Holzschnitt – das klang für mich bisher immer ein bisschen nach: Alte Bücher, Dürer, Schwarz-Weiß-Drucke, irgendwie ehrwürdig, aber vielleicht auch ein wenig aus der Zeit gefallen. Junge, lag ich falsch.

Die Künstler dieser Ausstellung zeigen, dass Holzschnitt alles andere als verstaubt ist. Er ist roh, expressiv, politisch, radikal. Und gleichzeitig eine hochpräzise, fast meditative Technik, die mit unglaublicher Akribie betrieben wird. Was Jolowicz, Badock und Kilpper aus Holzplatten herausholen, ist nichts weniger als atemberaubend.

Gabriela Jolowicz entführt uns in überbordend detailreiche Stadt- und Alltagszenen, die sich anfühlen wie Momentaufnahmen eines pulsierenden urbanen Lebens. Ihre Schnitte sind so fein gearbeitet, dass man sich in den Linien verlieren kann – ein faszinierendes Spiel aus Hell und Dunkel, aus Struktur und Chaos.

Jolowicz

Benjamin Badock hingegen dekonstruiert mit geometrischen Strukturen unsere Wahrnehmung von Raum und Architektur. Seine Werke wirken fast mathematisch präzise, und doch bleibt eine spielerische, fast surreale Ebene erhalten. Er nutzt kräftige Formen, arbeitet mit Farbflächen und entwickelt aus dem klassischen Hochdruck eine moderne, grafische Sprache.

Badock 7

Und dann wäre da Thomas Kilpper, der mit riesigen Druckplatten arbeitet, die er aus Gebäudeböden schneidet. Seine Holzschnitte sind nicht nur Kunstwerke, sondern auch eine Form der Rauminstallation – sie erzählen Geschichten über die Orte, aus denen das Material stammt, und machen politische Statements, die oft provozieren und zur Reflexion anregen.Badock Harms

Und schließlich Ernst Ludwig Kirchner – eine Ikone des Expressionismus. Seine expressiven Holzschnitte sprühen vor Dynamik und Energie. Man spürt die Intensität seines Schaffens, das Bedürfnis, Emotionen mit jedem Schnitt ins Holz zu bannen. Kirchners Werke sind nicht nur ein wichtiger Bezugspunkt für die zeitgenössischen Künstler dieser Ausstellung, sondern auch ein Fenster in eine Epoche, in der Kunst ein radikaler Ausdruck von Lebensgefühl war.

Und während wir so durch die Ausstellung schlenderten und uns Gesine Harms mit ihrer fundierten, leidenschaftlichen Art in die Werke einführte, machte es plötzlich Klick:

Holzschnitt als früheste Form von KI?

Eine These, die an diesem Abend laut wurde, ließ mich nicht mehr los:

Holzschnitt ist eine der frühesten Formen von Wissensspeicherung – und in gewisser Weise auch eine Art „Proto-KI“.

Klingt erstmal abwegig? Ist es aber nicht.

  • Beim Holzschnitt wird Information – sei es ein Bild, eine Szene, eine Geschichte – in eine feste Matrix (die Holzplatte) übersetzt. Ein einmal geschnittenes Motiv kann immer wieder reproduziert werden. Genau das macht KI auch: Sie abstrahiert, speichert, verarbeitet und gibt wieder aus.

  • Holzschnitt ist ein hochstrukturiertes, regelbasiertes Verfahren. Die Art und Weise, wie Linien reduziert und Kontraste gesetzt werden, folgt einer Logik, die entfernt an Bildverarbeitung in neuronalen Netzen erinnert.

  • Und dann die Wiederholbarkeit: Während ein Gemälde ein Unikat bleibt, kann ein Holzschnitt beliebig oft gedruckt werden. Wie ein Algorithmus, der immer wieder neue Outputs generiert.

Das Spannende daran ist, dass Holzschnitt als Technik Jahrhunderte alt ist – aber in einer zunehmend digitalen Welt wieder neue Relevanz bekommt. Warum? Weil er uns zwingt, zu entschleunigen. Weil er etwas Unwiederbringliches, Haptisches hat. Und weil das Material, das Widerständige des Holzes, in direkter Wechselwirkung mit der Künstlerhand steht.

Einmal mehr zeigt sich, dass Vergangenheit und Zukunft enger miteinander verknüpft sind, als wir oft denken. Holzschnitt mag eine der ältesten Drucktechniken sein, doch seine Prinzipien – Abstraktion, Wiederholbarkeit, Speicherung – sind genau das, womit sich auch moderne KI-Modelle beschäftigen.

Danke für dieses Erlebnis!

Ich bin aus dieser Führung rausgegangen mit dem Gefühl, dass mir jemand ein Fenster zu einer völlig neuen Kunstwelt aufgestoßen hat. Ein riesiges Dankeschön an die Kunsthalle Bremen, an Stefan Schnier für die Einladung, an Gesine Harms für die brillanten Einblicke und an Franka Reizenstein sowie den Verein Bremen Jetzt für diese exklusive Gelegenheit.

Wer sich auch nur ein bisschen für Kunst, Handwerk oder Mediengeschichte interessiert, sollte sich diese Ausstellung nicht entgehen lassen. Ich verspreche euch: Danach seht ihr Holz, Drucktechnik und vielleicht sogar KI mit anderen Augen.

Den Eintritt in den Verein der Kunsthalle Bremen kann ich jedem nur wärmstens ans Herz legen. 

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