Raphaela Dell

Mit einer Kombination aus Psychologie, Organisationslehre und Methoden aus der Welt der Kultur und der Philosophie, befähigt sie Menschen ihr Potential voll zu nutzen.

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#2Talk am See - Gespräch mit Magdalena Trischler über Gestalttherapie als Raum für gelebte Trauer

Es gibt Momente im Leben, die reißen den Boden unter den Füßen weg. Der Tod eines geliebten Menschen, eine Trennung, das Ende einer Ära – all das sind Verluste, die tiefe Spuren hinterlassen. Was dann? Trauer ist kein Problem, das gelöst werden muss. Sie ist eine Erfahrung, die durchlebt werden will. Doch in einer Welt, die auf Funktionieren ausgerichtet ist, wird der Schmerz oft verdrängt.

Trauer braucht Raum. Trauer braucht Begleitung. Und Trauer braucht Ausdruck.

Gestalttherapie als Raum für gelebte Trauer

In der Gestalttherapie begegnen wir der Trauer anders als in herkömmlichen Therapieformen. Es geht nicht darum, den Schmerz schnell hinter sich zu lassen, sondern ihm mit Bewusstheit zu begegnen. Magdalena Trischler, die mich in meiner Gestaltausbildung begleitet, spricht oft davon, dass Trauer nicht nur den Verlust eines Menschen betreffen muss. Wir trauern auch um Chancen, die nie kamen. Um Liebe, die wir nicht erhalten haben. Um Wege, die wir nie gegangen sind.

„Wir trauern nicht nur um das, was wir verloren haben, sondern auch um das, was uns nie gegeben wurde.“ – Magdalena Trischler

Diese Erkenntnis verändert die Art, wie wir über Trauer denken. Sie macht deutlich, dass Heilung nicht in einem „Loslassen“ besteht, sondern in einem tiefen, ehrlichen Sich-Einlassen auf das, was da ist.

Warum es Zeiten für Stabilität gibt – und Zeiten für den Aufbruch

Es gibt Menschen, die nach einem schweren Verlust in die Heldenreise gehen wollen. Wie Martina, die nach dem Tod ihres Vaters sofort in den „Schatten“ gehen wollte – eine intensive, tiefgreifende Arbeit an den eigenen unbewussten Anteilen. Doch wir haben ihr geraten: Nicht jetzt.

Denn wenn der Schmerz noch roh ist, wenn die Welt gerade zerbrochen ist, dann braucht es nicht noch eine weitere Öffnung. Es braucht Halt. Erdung. Gemeinschaft. In der Gestalttherapie sprechen wir von „Containment“ – der Fähigkeit, Emotionen zu halten, ohne davon überflutet zu werden.

Trauer will gehalten werden, bevor sie transformiert werden kann.

Die Bedeutung von Ritualen: Vom Feuer in die Stille

Magdalena Trischler leitet Trauerfeuer – intensive Rituale, in denen Menschen in einer geschützten Gemeinschaft trauern können. Hier geht es nicht darum, zu funktionieren. Hier darf die Trauer ausgedrückt werden – in Worten, in Schreien, in Stille.

Ein rituelles Feuer brennt mehrere Tage und Nächte. Es wird gehütet. Wer trauert, kommt ans Feuer und wird gehalten – von Menschen, die da sind, ohne etwas ändern zu wollen. Es ist eine Rückkehr zu etwas Archaischem. Eine Form der Begleitung, die uns in unserer Kultur oft fehlt.

Ich stelle mir vor, dass es so gewesen sein muss, als Menschen noch zusammen in Kreisen saßen, mit Liedern, mit Geschichten. Als Trauer ein gemeinschaftlicher Prozess war.

Trauerreden als Brücke zwischen Abschied und Erinnerung

Wenn ich heute eine Trauerrede schreibe, dann denke ich daran. Daran, dass Worte mehr sind als Sätze auf Papier. Sie sind eine Form des Haltens. Sie sind ein Moment der Bewusstwerdung. Ich sehe mich nicht als Rednerin, die einen Text vorträgt. Ich sehe mich als Begleiterin – eine, die mit den Hinterbliebenen zusammen das Wesen eines Menschen noch einmal lebendig werden lässt.

„Du kannst den Anfang nicht ändern, aber du kannst starten, wo du bist. Und du kannst das Ende verändern.“

Das ist die Essenz dessen, was ich vermitteln möchte. Ob in einer Trauerrede oder in einer gestalttherapeutischen Sitzung: Wir sind nicht machtlos. Wir können dem Verlust Bedeutung geben. Wir können uns selbst darin finden. Und wenn wir bereit sind, können wir aus der Trauer wieder ins Leben treten – nicht, weil wir vergessen haben, sondern weil wir es integriert haben.

Das Geschenk der Gestaltarbeit für die Trauer

Gestalttherapie hilft, nicht nur mit dem Kopf zu verstehen, sondern mit dem ganzen Körper zu begreifen, was passiert. Es geht darum, die Trauer zu fühlen, nicht nur über sie zu reden. Sie zuzulassen, ohne darin zu versinken.

Und das ist das größte Geschenk dieser Arbeit: Nicht, dass die Trauer verschwindet – sondern dass wir ihr einen Platz in unserem Leben geben können, ohne dass sie unser Leben bestimmt.

Sitting by the Fire

 

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