Raphaela Dell
Mit einer Kombination aus Psychologie, Organisationslehre und Methoden aus der Welt der Kultur und der Philosophie, befähigt sie Menschen ihr Potential voll zu nutzen.
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Herr, vergib Ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!
Mein Kollege Tasso Mitsarakis beschreibt es in einem LinkedIn-Impuls so:
"Emotionale Intelligenz ist wie ein Fluch. Denn du kannst niemanden wirklich hassen. Du versuchst zu verstehen. Du schaust tiefer. Du suchst nicht nur nach dem Was, sondern nach dem Warum."
Die Dialektik des Verstehens
Martin Buber erkannte: "Der Mensch wird am Du zum Ich." In der Begegnung mit dem Anderen entdecken wir uns selbst. Doch was geschieht, wenn diese Begegnung von Verletzung geprägt ist? Wenn das Du, an dem wir zum Ich werden, uns mit seinem Verhalten konfrontiert, das uns schadet?
Die Gestalttherapie lehrt uns: Bewusstheit ist heilsam. Doch Bewusstheit kann auch zur Last werden. Wer emotional intelligent ist, sieht nicht nur die Handlung, sondern die dahinterliegende Verletzung. Wer die Kontaktgrenze zwischen sich und dem Anderen wahrnimmt, erkennt auch deren Durchlässigkeit für fremden Schmerz.
Radikale Akzeptanz: Was IST, darf SEIN
Fritz Perls' zentrale Erkenntnis: "Was ist, ist. Was war, war. Was wird, wird werden." Diese radikale Akzeptanz der Realität befreit uns von der erschöpfenden Energie des Widerstands gegen das Unvermeidliche. Jeder Mensch handelt aus seiner ureigenen phänomenologischen Realität heraus – aus seinem Hier und Jetzt, geprägt von seiner Geschichte, seinen unerfüllten Bedürfnissen, seinen unvollendeten Gestalten.
Die Haltung "Ich bin ok, Du bist ok" wird möglich, wenn wir verstehen: Der Andere verletzt nicht aus Bosheit, sondern aus seiner eigenen Bedürftigkeit heraus.
Die Falle: Intellektualisierung als Abwehr
Doch hier lauert eine subtile Gefalle: Die Intellektualisierung als Abwehrstrategie gegen das eigene Leid und die eigene Ohnmacht. Wenn wir alles verstehen, müssen wir nichts fühlen. Wenn wir die psychodynamischen Hintergründe analysieren können, scheinen wir Kontrolle zu haben.
Manche Menschen definieren sich sogar über das Leid, das sie für andere aushalten. Sie werden zu emotionalen Märtyrern, die ihre Identität daraus beziehen, unendlich verständnisvoll und nachsichtig zu sein. Das Leiden für andere wird zur Selbstdefinition – eine perfide Form der Selbstaufgabe im Namen der Nächstenliebe.
Die Paradoxie der Grenzziehung
Hier entsteht die zentrale Paradoxie: Nur weil du verstehst, wie jemand tickt, darfst und MUSST du dennoch Grenzen setzen. Verstehen bedeutet nicht tolerieren. Akzeptanz bedeutet nicht Passivität.
Die Gestalttherapie spricht von "kreativer Anpassung" – unserem unbewussten Versuch, in schwierigen Beziehungen zu überleben. Doch was einst überlebenswichtig war, kann heute zur Selbstverleugnung werden. Die emotionale Intelligenz, die uns befähigt zu verstehen, muss auch die Weisheit entwickeln zu unterscheiden: Was gehört zu mir, was gehört zum Anderen?
Kontakt und Grenze: Die Kunst der bewussten Begegnung
In der Gestalttherapie ist Kontakt ohne Grenze Verschmelzung, Grenze ohne Kontakt Isolation. Emotionale Intelligenz bedeutet: bewussten Kontakt zu schaffen UND bewusste Grenzen zu wahren. Das erfordert die Fähigkeit, das eigene Erleben vom Erleben des Anderen zu unterscheiden, ohne die Verbindung zu verlieren.
Die entscheidende Wahl: Opfer oder Gestalter?
"Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum. In diesem Raum liegt unsere Macht zu wählen. In unserer Reaktion liegt unser Wachstum und unsere Freiheit." (Viktor Frankl)
Emotionale Intelligenz schafft diesen Raum der bewussten Wahl. Sie ermöglicht es uns, aus der automatischen Reaktion herauszutreten und bewusst zu gestalten:
• Bewusste Selbstwahrnehmung: Was löst das Verhalten des Anderen in mir aus? • Bewusste Fremdwahrnehmung: Aus welcher Not heraus handelt der Andere? • Bewusste Grenzziehung: Was kann und will ich geben, ohne mich selbst zu verlieren? • Bewusste Gestaltung: Wie kann ich authentisch und integer handeln?
Der Weg vom Verstehen zum Gestalten
Die höchste Form emotionaler Intelligenz liegt nicht im endlosen Verstehen, sondern im bewussten Gestalten. Sie befähigt uns:
- Aus Mitgefühl heraus zu handeln, ohne uns zu verlieren
- Grenzen zu setzen, ohne zu verurteilen
- Verantwortung zu übernehmen für das, was wir beeinflussen können
- Loszulassen, was nicht in unserer Macht steht
Die Transformation: Vom Fluch zum Segen
Emotionale Intelligenz wird vom Fluch zum Segen, wenn sie uns nicht lähmt, sondern ermächtigt. Wenn das Verstehen nicht in endloser Toleranz mündet, sondern in bewusster Gestaltung. Wenn wir erkennen: Ich bin verantwortlich für meine Antwort auf das Leben – nicht für das Leben der Anderen.
"Herr, vergib ihnen, was sie tun" – diese Haltung befreit nicht nur den Anderen von unserem Urteil, sondern uns von der Last, ihr Richter zu sein. Sie öffnet den Raum für das, was wirklich heilsam ist: bewusste, authentische Begegnung mit klaren Grenzen.
Die finale Frage
Wirst du deine emotionale Intelligenz nutzen, um endlos zu verstehen und zu leiden? Oder um bewusst zu gestalten und zu wachsen?
Die Antwort liegt in deiner Wahl – hier und jetzt.
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